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Seltene Krebserkrankungen vor den Vorhang holen

Foto: Shutterstock

Etwa 20-25 % aller Krebserkrankungen sind selten. Statistisch gesehen ist das weniger als ein Mensch von 2.000 Menschen. Bei seltenen Krebserkrankungen gibt es deshalb großen Bedarf an der Beschleunigung der Diagnosestellung, adäquater Versorgung, innovativen Therapien sowie an Aufbau und Verbreitung von Wissen.

Claas Röhl

Mitglied des Vorstands von Pro Rare Austria – Allianz für seltene Erkrankungen Österreich
Obmann NF Kinder Austria
Obmann NF Patients United
Obmann EUPATI Austria
Foto: Manuela Fiala

Angeborenes Risiko für Tumore

Eine besondere Rolle nehmen die genetischen Tumorprädispositionssyndrome ein. Diese machen etwa 10 % aller onkologischen Erkrankungen aus. Die Betroffenen kommen mit einer genetischen Veränderung zur Welt, die ihr Tumorrisiko erhöht. In manchen Fällen kann das Risiko einen Tumor zu entwickeln nahezu 100 % betragen. Die Besonderheit ist, dass in diesen Fällen eine Diagnose per Gentest teilweise schon im Kindheitsalter gestellt werden kann, theoretisch sogar mit dem Neugeborenen-Screening. Natürlich ist eine solche Diagnose ein großer Schock für die betroffene Familie, aber sie birgt auch die Chance, sich früh mit der Diagnose auseinandersetzen zu können. Das heißt, man kann das eigene Leben danach frühzeitig ausrichten und vor allem auch lebenswichtige Vorsorgeuntersuchungen planen und sich in die Hände einer Expertin/eines Experten begeben. 
Abgesehen davon ist es schon vor der Familienplanung wichtig zu wissen, ob man Träger:in einer genetischen Veränderung ist, die mit einer Wahrscheinlichkeit von oft 50 % oder höher an das eigene Kind vererbt werden kann.

Offener Umgang – Abbau von Stigmata

Ein Beispiel für ein genetisches Tumorprädispositionssyndrom ist Neurofibromatose (NF). Jeden Tag kommt im deutschsprachigen Raum ein Kind mit NF zu Welt. Die vielen verschiedenen Tumore, die bei dieser Erkrankung auftreten können, sind mitunter sehr entstellend. Gerade deswegen braucht es hier mutige Botschafter:innen, die anderen helfen, das eigene Schattendasein zu verlassen, und Betroffenen Mut machen, ebenfalls offen mit der Erkrankung umzugehen. Nur wenn Betroffene ihr Schweigen brechen und sich engagieren, kann es zu einem gesteigerten Bewusstsein in der Öffentlichkeit und zu Verbesserungen der Versorgung in Bezug auf seltene Krebserkrankungen kommen.

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Internationale Vernetzung

Besonders im Bereich dieser seltenen Erkrankungen ist eine internationale Vernetzung ein Schlüsselthema. In Europa gibt es 24 sogenannte europäische Referenznetzwerke (ERN). Das sind Netzwerke von akademischen Institutionen, die gemeinsam mit Patient:innen-Vertreter:innen unter dem Motto „Share – Care – Cure“ daran arbeiten, die Lebensqualität von Menschen mit seltenen Erkrankungen zu verbessern. Die vier ERN, die sich mit seltenen Krebserkrankungen beschäftigen, sind: EuroCan (für seltene solide Tumore im Erwachsenenalter), PaedCan (für seltene Krebserkrankungen bei pädiatrischen Patient:innen), EurobloodNet (für seltene hämatologische Krebserkrankungen) und GENTURIS (für erblich bedingte Tumorerkrankungen).

Die Rolle von Patient:innenorganisationen

Patient:innenorganisationen leisten wichtige Arbeit, um Betroffene in den Phasen der Diagnoseabklärung zu informieren, ihnen Orientierung zu schenken und um sie an Expert:innen zu vermitteln. Darüber hinaus ist auch die Zusammenarbeit mit Forscher:innen von Bedeutung, um patient:innenzentrierte Forschungsprojekte umzusetzen. Beratungsmöglichkeiten sowie Möglichkeiten zur Vernetzung mit anderen Betroffenen und zur psychosozialen Unterstützung sind weitere Beispiele für die wertvolle Arbeit von Patient:innenorganisationen. Patient:innen-Vertreter:innen, die sich in die Arzneimittelentwicklung einbringen möchten, brauchen entsprechendes Wissen über präklinische und klinische Forschung sowie über Zulassungsprozesse. Die europäische Patient:innen-Akademie (EUPATI) vermittelt seit 2015 genau dieses Know-how an Patient:innen-Vertreter:innen. Etwa 300 Absolvent:innen, viele davon aus onkologischen Indikationen, haben den Patient Expert Training Kurs von EUPATI absolviert und sind dadurch zu gefragten Partnern in Forschungsprojekten geworden. In Österreich plant der Dachverband „Allianz der onkologischen PatientInnenorganisationen“ einen Universitätslehrgang in deutscher Sprache zum Thema Patient Advocacy.

Kontakt

Claas Röhl – Obmann NF Kinder/Obmann NF Patients United/Obmann EUPATI Austria
Email: [email protected]
Tel. +43 699 16624548
Websites: www.nfkinder.at & www.nf-patients.eu
Servitengasse 5/16
1090 Wien

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