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Psychoonkologie als wesentlicher Teil der onkologischen Behandlung

Focus patient's hand has get the saline solution syringe on it. Illness and treatment. Health insurance plan. Reimbursement and Medical expenses. image for illustration, copy space, article.
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iStock/kckate16

Die Diagnose Krebs bedeutet für die betroffenen PatientInnen, aber auch für deren Angehörige mögliche einschneidende Veränderungen in allen Lebensbereichen.

Dr. Elisabeth Andritsch

Klinische Psychologin und Psychotherapeutin,Vorstandsmitglied ÖPPO

Emotionale Probleme spannen einen weiten Bogen von Verunsicherung, Kontrollverlust, Selbstwert- und Identitätsschwierigkeiten bis hin zu schweren Depressionen. Belastende Veränderungen in Partnerschaft, Beruf und im sozialen Kontext können oft eine große Herausforderung darstellen: sich den neuen Situationen zu stellen, notwendige Anpassungsprozesse zu initialisieren, Balance zu finden zwischen Akzeptanz der Diagnose und gleichzeitiger Aktivierung von Selbstwirksamkeit sind nur einige der vielen kleinen und großen Schritte zur Bewältigung.

Etwa 30 Prozent aller PatientInnen leiden im Laufe ihrer Krankheit an schwerwiegenden, klinisch relevanten, psychischen Symptomen, die erkannt und behandelt werden müssen, da es sonst zu über Jahre hinweg andauernden psychosozialen Störungen kommen kann.

Daher sollte nach internationalen Richtlinien PatientInnen, Angehörigen und Personen aus Risikogruppen das Angebot an einer psychoonkologischen Behandlung zur Verfügung stehen und die psychosoziale Unterstützung als ein wichtiger Bestandteil in einer der State of the Art gerechten, onkologischen Behandlung integriert sein. PatientInnen mit Krebserkrankungen haben vielfach gute Strategien, um mit Krisen umzugehen. Sie sind nur oftmals durch den Schock der Diagnose verschüttet und müssen einfach wieder neu entdeckt werden.

Ziele in der psychoonkologischen Behandlung sind:

  • Reduktion von Angst, Depression, Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit
  • Verbesserung des Selbstwertgefühls und der mentalen Einstellung zur Krebserkrankung
  • Vermittlung von Selbstkontrollstrategien
  • Förderung der aktiven Teilnahme und Mitwirkung an der Behandlung bzw. Rehabilitation

Die Methoden aus der klinischen Psychologie und Psychotherapie, die dabei eingesetzt  werden, sind unterstützend  und richten sich nach den Fähigkeiten und Kraftreserven der PatientInnen. In psychoonkologischen Interventionen werden neben speziellen Gesprächstechniken beispielsweise Entspannungs- und Imaginationsverfahren oder unterstützende Maßnahmen zur Schmerzbewältigung bis hin zu Ausdruckstherapien wie Musik- und Maltherapie angewendet. Die Wahl der Methode sowie die Entscheidung für eine Einzel- oder Gruppentherapie erfolgt individuell.

Chancen und Möglichkeiten durch die Diagnose

Die Krebserkrankung wird oft von den Betroffenen als Wendepunkt erlebt und bezeichnet, was aber nicht gezwungenermaßen als Kehrtwendung gesehen werden soll, dies würde das bisherige Leben entwerten und die Krebserkrankung mit Schuld verbinden. Diesem Ansatz ist aus der wissenschaftlichen Psychoonkologie entschieden entgegen zu treten.

„Ich leite mein Leben mit der Erkrankung und nicht die Krankheit leitet mein Leben“

Es macht aber immer Sinn, gesundheitsschädliche Gewohnheiten zu ändern, ein neues Selbstwertgefühl zu entdecken, sich über zurückgestellte Wünsche und Bedürfnisse klar zu werden und diese dann umsetzen zu lernen. Prioritäten zu hinterfragen, Werte (neu) zu definieren, aber auch sich und das eigene Handeln in der bisherigen Lebensbilanz wertzuschätzen, können die Widerstandskraft (Resilienz) positiv beeinflussen.

Menschen mit Krebserkrankungen zu ermutigen, ihre Eigenkompetenz, ihre Selbstwirksamkeit auszuprobieren und zu nutzen, verstärkt das Gefühl von Handlungsfähigkeit, statt sich ausgeliefert fühlen. „Ich leite mein Leben mit der Erkrankung und nicht die Krankheit leitet mein Leben“, bringt Zuversicht statt Resignation auch in chronischen Verläufen der Erkrankung. Um Krisen nicht unüberwindbar anzusehen und Veränderungen als Teil des Lebens zu akzeptieren, braucht es unterschiedliche individuelle Wege, mit dem Ziel, auf die eigene Gesundheit positiv zu wirken, aber Belastungen vielleicht auch als Gelegenheit zum persönlichen Wachstum zu erfahren.

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