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Expertise

Entwicklung für den Einzelnen

Health worker holding patient's hand
Health worker holding patient's hand
iStock/seb_ra

Jeder Mensch möchte im Krankheitsfall die optimale Behandlung erhalten. Aber wie nah sind wir heute einer solchen, möglichst zielgerichteten, individualisierten, maßgeschneiderten, also personalisierten Therapie?

Univ. Prof. Dr. Günther Steger

Klinische Abteilung für Onkologie Universitätsklinik für Innere Medizin I Medizinische Universität Wien ©Foto: STUDIO KREBS, GRAFIK & ILLUSTRATION GMBH

Jahrzehntelang wurden Krebserkrankungen fast ausschließlich mit zytostatischer Chemotherapie und einige Tumortypen wie Brustkrebs oder Prostatakrebs fallweise auch mit Hormontherapie behandelt. Wenngleich diese Therapieformen auch große Fortschritte gebracht haben, immer weiterentwickelt und verbessert wurden und durch die entsprechenden Begleittherapien heute ihren großen Schrecken praktisch verloren haben, so bleibt die Tatsache bestehen, dass diese Therapieformen nie auf die individuellen Bedürfnisse der PatientInnen abgestimmt werden können.

Daher müssen diese Therapien bei den einzelnen PatientInnen zunächst auch immer einige Zeit eingesetzt, also „ausprobiert“ werden, bevor ihre tatsächliche Wirksamkeit – oder Unwirksamkeit – meist durch die entsprechenden Röntgenverfahren festgestellt werden kann. Doch wie lassen sich die verschiedenen Krebstherapien auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen PatientInnen abstimmen, damit sie möglichst wirkungsvoll und verträglich eingesetzt werden können?

Forschung bedeutet Fortschritt

Zum einen müssen die zugrundeliegenden molekularbiologischen Mechanismen bekannt sein, die die Krebszellen brauchen, um „bösartig“ zu sein, und zum anderen müssen diese Zelleigenschaften mit den Wirkmechanismen der Therapeutika in Einklang gebracht werden, die ebenfalls exakt bekannt sein müssen.

Je besser und genauer dabei die Wachstumsstrategie der Tumorzellen erforscht werden kann, umso eher gelingt es, effektive Gegenstrategien zu entwickeln, die unter weitgehender Schonung des gesunden Gewebes die Tumorzellen zielgerichtet zerstören können.

Das an der MedUni Wien geplante „Zentrum für Präzisionsmedizin“ wird eine bessere Erforschung individualisierter Krebstherapien ermöglichen.

Daher fokussiert die moderne Krebsforschung der letzten Jahre genau auf diese beiden Ziele und ist damit auch in zunehmendem Maß erfolgreich, da diese verschiedenen Zellmechanismen zwar sehr komplex und vielschichtig sind, aber bei verschiedenen Krebserkrankungen oft gleiche oder ähnliche Mechanismen vorliegen, weswegen die eingesetzten Medikamente nach Etablierung bei einem Tumortypen auch relativ rasch für den Einsatz bei einer anderen Krebserkrankung weiterentwickelt werden können.

Fortschritt bedeutet bessere Krebsmedizin

Eine weitere Voraussetzung zum zielgerichteteren Einsatz der Krebsmedikamente ist die Verbesserung der Vorhersagbarkeit der individuellen Wirksamkeit der bereits zur Verfügung stehenden Medikamente.

Durch diese sogenannten „therapie-assoziierten prädiktiven Faktoren“, die meist Strukturen an der Oberfläche der Krebszellen oder aber auch gewisse genetische Veränderungen im Zellkern der Tumorzellen sein und im Labor relativ leicht und rasch dargestellt werden können, gelingt es, die potenzielle Wirksamkeit der Medikamente für die einzelnen PatientInnen besser beurteilen und somit „vorhersagen“ zu können.

Die Umsetzung der zunächst in den Laboratorien gewonnen Erkenntnisse in den klinischen Einsatz zur breiten Anwendung bei allen betroffenen PatientInnen ist dann Aufgabe der Klinischen Onkologie. So konnten diese völlig neuen, meist immunologischen Therapiemöglichkeiten wie Antikörper, die der Impftheorie nachempfunden sind, oder Zellzyklus- bzw. Enzymhemmer, die eben diese neu entdeckten Zellmechanismen gezielt ausnützen, für die Routinetherapie entwickelt werden.

Fortschritt ist nicht umsonst

All diese positiven Entwicklungen in der Grundlagenforschung und in der Entwicklung neuer Medikamente für den klinisch-praktischen Einsatz sind entsprechend aufwendig und kommen auch nicht von selbst, sondern benötigen Investitionen in entsprechende interdisziplinäre Forschungszentren, an denen Grundlagenforscher und Kliniker gemeinsam diese neuen Krebstherapiemöglichkeiten entwickeln.

Entsprechende Investitionen durch die öffentliche Hand, aber auch durch, in anderen Ländern durchaus übliche, private Initiativen und Förderungen sind in Österreich daher dringend notwendig, um diese deutlichen Fortschritte in der Krebsmedizin weiter voranzutreiben.

An der Medizinischen Universität Wien liegen nun die Pläne für ein solches „Zentrum für Präzisionsmedizin“ bereit und müssen nur noch umgesetzt werden. Je rascher es gelingt, die entsprechenden Mittel aufzubringen, umso schneller wird es auch in Österreich möglich sein, die Fortschritte, die die moderne und zielgerichtete Forschung bringt, auch in eine moderne, zielgerichtete und immer besser individualisierte Krebstherapie umzusetzen!

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