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Die Heilungschancen steigen weiter

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Lange Zeit galt Krebs als Todesurteil, doch die Forschung macht ihm einen Strich durch die Rechnung: Eine große Mehrzahl der Brustkrebserkrankungen ist heute heilbar. Das Expertengespräch mit Prof. Christian Singer, Leiter der Universitätsklinik für Frauenheilkunde, klärt auf. 

Univ.Prof. Dr. med.univ. Christian Singer, MPH 

Leiter der Universitätsklinik für Frauenheilkunde 
Leiter des Brustgesundheitszentrums AKH/MedUniWien  

Herr Prof. Singer, direkt gefragt: Wie steht es derzeit um die Erfolge in der Brustkrebsforschung? 
Es gelingt zunehmend, ohne eine Chemotherapie effektive Optionen zur Bekämpfung von metastasierendem Brustkrebs zu finden. Es gibt nun Substanzen, die es uns ermöglichen, Patientinnen auch mit einer fortgeschrittenen Erkrankung zu behandeln. Das ist ein Stadium, wo das Karzinom normalerweise nicht mehr heilbar ist und zum Tod der Patientin führt. Durch die neuen Medikamente können wir aber die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung deutlich hinauszögern, zum Teil um Jahre. Darüber hinaus sind die Nebenwirkungen der neuen Medikamente geringer, was die Lebensqualität spürbar anhebt. 

Welche Altersgruppen sind von Brustkrebs besonders betroffen? 
Wir sprechen hier von allen Altersgruppen, die betroffen sein können. Die besonders aggressiven Krebsarten treten eher im jüngeren Alter auf. Generell nimmt die Erkrankungshäufigkeit zwar mit dem Alter zu, allerdings sind wir auch in der jüngeren Gruppe mit steigenden Zahlen konfrontiert. Das hängt mit dem Lebensstil zusammen – weniger Bewegung, mehr Alkohol, Übergewicht, wenige oder keine Kinder. 

In Zahlen ausgedrückt: Wie wirken sich die neuen Medikamente nun auf die Überlebenschancen aus? 
Noch vor wenigen Jahren konnten wir mit Medikamenten die Lebensqualität erhöhen, aber die Überlebenschancen sind nicht gestiegen. Metastasierender Brustkrebs ist noch nicht heilbar, aber heute können wir die Überlebensdauer mit einer metastasierenden Krebserkrankung mehr als verdoppeln. Das ist ein riesiger Fortschritt. Über 85 % aller von Brustkrebs Betroffenen sind nach der Therapie geheilt. 

Woran liegt das? 
Früher hatten wir die Chemotherapie, die sozusagen eine Schrotschussmethode ist, die wir allen gegeben haben. Wir verstehen die Mechanismen der Krebserkrankung und ihres Fortschreitens sowie die Schwachstellen eines Tumors viel besser. Mit diesen neuen Erkenntnissen können wir mit zielgerichteten Medikamenten genau behandeln. Wir verstehen die Signalweiterleitungsmechanismen in einer Krebszelle und können sie gezielt unterbrechen. 

Was für Medikamente sind das genau? 
Viele Medikamente sind Tabletten, manche sind Infusionen. Das ist insgesamt sehr viel nebenwirkungsärmer – und wo nötig, da kombinieren wir eine Chemotherapie. In den letzten Jahren sind rund ein Dutzend Medikamente zugelassen worden. Das sind also individualisierte Therapien, die wir heute anwenden können und die in Österreich von der Sozialversicherung getragen werden. 

Welchen Ausblick können Sie uns geben? 
Wir können heutzutage immer besser die Schwachstellen der Tumore erkennen und verstehen sie mehr und mehr, was wiederum zu besseren Ergebnissen führt. Das Wissen nimmt exponentiell zu, also schreitet auch die Entwicklung rasant voran. 

OG/23/0081; Juni 2023

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